Wie entwickelt man ein Agile Mindset

Wussten Sie, dass einer der Gründe für das Scheitern agiler Transformation ein mangelndes agiles Mindset ist?

Obwohl es offensichtlich scheint, kann man in vielen Organisationen sehen, dass die Teams – und auch das Management – noch kein agiles Mindset entwickelt haben, selbst wenn sie sich schon inmitten einer agilen Transformation befinden.

Aber was kommt eigentlich zuerst: Das agile Mindset oder die Transformation? Und wie entwickelt man ein Mindset in einem Kulturwandel? Lassen sie uns ein bisschen tiefer eintauchen…

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Inhalt dieses Artikels

Ist agiles Mindset Voraussetzung für agile Transformation

Eine agile Transformation ist ein Kulturwandel, nichts weniger.  

Kultur ist definiert als ein Set von Handlungsweisen und Einstellungen 

Und genau darauf zielt eine agile Transformation ab.  

Zielt eine agile Transformation ab? Ja, Sie lesen richtig und damit ist ein „agiles mindset“ in der Tat nicht Voraussetzung einer agilen Transformation, sondern eines Ihrer Ergebnisse im Erfolgsfall 

Dies ist ein Umstand, der in vielen Organisationen gar keine Beachtung findet. Ich höre dann immer wieder den Satz „Denen (und damit ist meist das strategische Management gemeint) fehlt das agile Mindset”.

Den Vorwurf, dass wir das Voraussetzen, was wir eigentlich beweisen wollen, hatte schon die Frankfurter Schule in ihrer Positivismus Kritik im Bezug zum Begriff der Wahrheit geäußert.  

Wir sind also in bester Gesellschaft, wenn wir ein agiles Mindset für eine Transformation voraussetzen, obwohl ein solches im Rahmen der Transformation als eines ihrer hervorragenden Ergebnisse überhaupt erst bei den Akteuren ausbilden wollen. 

Andererseits, und das ist auch Teil der Realität, ist eine agile Transformation in großen Organisationen nicht unbedingt ein evolutionärer Prozess, in dem langsam die Einsicht reift, dass Agilität ein schönes Element ist, welches wir unserer Lean-Kultur hinzufügen könnten und als Resultat ein lean-agile mindset ernten. Sondern es ist oft – wie SAFe beschreibt – motiviert durch eine „Burning Platform eine strategische Top-Down Entscheidung. Und diese wird im Angesicht der drohenden Konsequenzen einer „Burning Platform“ ebenso oft dann ziemlich ad-hoc getroffen.  

Welchen Einfluss hat agiles Mindset
auf die Transformation?

Als Voraussetzung funktioniert der Begriff „agile Mindset“ nur, wenn er – und das ist das eigentliche Problem in vielen Organisationen – deutlich zu kurz greift. Nämlich, wenn er statt als Manifestation eines erfolgreich gestalteten Kulturwandel, gerade noch so als eine gewisse Akzeptanz gepaart mit einem rudimentärem Verständnis „agile best practices“ wahrgenommen wird.  

Dann passiert genau das, was den Fail verursacht

Das Mindset wird gar nicht mehr systematisch entwickelt und damit kann sich die Nachhaltigkeit und Belastbarkeit einer Kultur nie wirklich entfalten.  

Man sieht dies sehr oft daran, dass infolgedessen bei der ersten kleinen Krise das Vertrauen in agile Methodik verlorengeht und reflexartig auf „bewährte“ Projektmanagement Methoden aus der Mottenkiste zurückgegriffen wird, allen voran, Statusreports, alle Arten von Micromanagement und Orientierung an fixen Budgets und festen Meilensteinen.  

Nun dauert eine agile Transformation naturgemäß eine ganze Weile und Krisen bleiben dabei nun mal nicht aus, ganz besonders dann nicht, wenn eine „Burning Platform“ der Auslöser dieser Transformation war. Genaugenommen macht man eine agile Transformation, weil man schon weiß, dass es immer wieder Krisen geben wird und agile Methodik wegen der hohen (proaktiven) Adaptionsfähigkeit damit besser umgehen kann. Das klingt nach einer selbsterfüllenden Prophezeiung, ist es aber nicht. Es ist der schmale Grat, auf dem wir vorsichtig und sehr bewusst wandeln, um unsere Organisation bei voller Fahrt fit für die Zukunft zu machen. 

Aber wenn schon ein agiles Mindset nicht notwendige Voraussetzung für eine agile Transformation ist, was braucht es dann?  

Voraussetzungen für ein agiles Mindset

Wichtige Voraussetzung ist zunächst einmal Vertrauen. Vertrauen heißt, von der Wahrheit bestimmter Dinge auszugehen.  

Schöner wäre noch ein Urvertrauen. Dieser Begriff stammt aus der Kinderpsychologie und kennzeichnet ein Grundvertrauen in andere Menschen und die Umwelt, welches Kinder in den ersten Jahren durch positive Erfahrungen erwerben.

Der Kern dieses Begriffes und der Grund, warum ich ihn hier anführe, sind die „positiven Erfahrungen“ als notwendige Voraussetzungen zum Erwerb von (Ur)Vertrauen. 

Wir alle kennen den Satz, dass man aus Fehlern lernen kann. Ich habe das schon immer für ein Schönreden vom Nichtgelingen gehalten. Man kann dazu stehen, wie man möchte, aber eines ist doch evident:  

Sie können aus Fehlern vielleicht allesmögliche lernen (meist lernt man jedoch nur Vermeiden), aber Vertrauen lernen Sie daraus nicht. 

Das Vertrauen ist also eine wichtige und notwendige Basis für das Herausbilden eines „agile Mindset“. Wenn dieses Vertrauen mit positiven Erfahrungen angereichert wird, dann haben wir eine gute Chance dies zu einem Urvertrauen zu entwickeln: 

Die feststehende Gewissheit, dass agile Methodik geeignet ist, um die Ziele unserer agilen Transformation zu erreichen.  

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Wie entwickelt man vertrauen?

Oft beginnt dieses Vertrauen schon mit der Art und Weise, wie der Begriff „agil“ bzw. die Notwendigkeit einer agilen Transformation den Akteuren erklärt wird.  

 Zu oft sehe ich, dass Organisationen agil so erklärt wird, dass – hier sehr verkürzt – vorher alles schlecht war und mit agil jetzt alles besser wird. Leider kommt das bei den Akteuren nicht besonders gut an, wenn ihnen – oft auch noch von einem externen Coach – implizit vorgeworfen wird, sie hätten vorher viel falsch gemacht.  

Ich habe mir hier angewöhnt, den Akteuren der Organisation zunächst mal zu beschreiben, was sie alles richtig gemacht haben und dass wir dem, was bisher so gut gelaufen ist, nun noch ein neues Element hinzufügen;  

Also neben hoch-effizient zu sein, nun auch noch agil zu werden.  

Damit das Vertrauen nun auch einhergeht mit positiven Erfahrungen, braucht es natürlich noch einiges. Darauf gehen wir im nächsten Teil ein und sehen dort, dass alle 4 Teile durchaus sehr verbunden sind

Leider genügt oft schon ein Fail , um die ganze Transformation zu Fall zu bringen.

Daran können wir ablesen, wie aufwändig und gleichzeitig sensibel so ein Kulturwandel nun mal ist und warum er länger dauert. 

Nachdem wir für die agile Transformation das notwendig Vertrauen aufgebaut haben, können wir nun herangehen, ein echtes agile Mindset aufzubauen. Hier lernen wir getreu der Definition von Kultur als Set von Handlungsweisen und Einstellungen, zunächst agile best practices in unsere Organisation einzuführen. Dafür empfiehlt es sich, auf gängige agile Frameworks (z.B. Scrum, SAFe, etc.) zu setzen. Denn die meisten Organisationen sind weder groß genug noch erfahren genug, um ein eigenes agiles Framework zu definieren und in über 99% aller Fälle ist dies auch nicht notwendig.

Die gelernten agilen Handlungsweisen sollen in der Organisation Flow erzeugen. Flow sehe ich als Maß aller Dinge. Es führt hier etwas zu weit, das im Detail zu begründen. Haben Sie Vertrauen, wenn Sie in Ihrer Organisation wirklich Flow erzeugt haben, wird alles einfacher. Oder anders ausgedrückt, eliminieren Sie zuerst Wartezeiten und nutzen Sie dazu agile best practices bzw. denken Sie zuerst darüber nach wie Sie agile best prectices nutzen können, um Wartezeiten zu verkürzen. Soweit zum Thema Handlungsweisen.

Nun noch die Einstellungen.

Auch hier machen wir es uns zunächst mal ganz einfach. Die wichtigste Einstellung, die alle Akteure in Ihrer Organisation herausbilden sollten, ist, Ihre Kunden glücklich zu machen. Customer Centricity ist das Credo einer agilen Organisation. Nicht optimierte Prozesse noch weiter zu optimieren, nicht noch schneller zu wachsen, nicht den Aktienkurs ans obere Limit treiben, nicht die Popularität Ihres Unternehmens noch weiter steigern. All das sind gute und wichtige Dinge – keine Frage – und sie sind auch alle irgendwann dran, wir werden sie nicht vergessen. Aber zuerst, sollen sich alle Gespräche und alle Bemühungen und alles Nachdenken darum drehen, wie Sie Ihre Kunden glücklich machen.  

Sie können es wirklich auf diesen Nenner bringen: Agile Mindset ist der Wunsch meine Kunden glücklich zu machen und das Vertrauen in das Erlernen und Anwenden von agile best practices, um genau das zu erreichen.  

Organisationen die das nicht flächendeckend herausbilden, haben keine agile Zukunft, sondern entfachen bestenfalls ein agiles Strohfeuer. 

Fazit

Ein agiles Mindset beschreibt einen kulturellen Wandel, ein Wandel in Bezug auf Einstellungen und Handlungsweisen.

Voraussetzung dafür ist zunächst ein Vertrauen in agile Methodik, nicht das agile Mindset selbst. Agiles Mindset entsteht während der Transformation, wenn dem Vertrauen positive Erfahrungen folgen.  

Wenn sich ein agiles Mindset nicht herausgebildet hat, sich also die agile Kultur nicht manifestiert hat, dann hat es eine agile Transformation sehr schwer bzw. wird unmöglich.  

Zu schnell gewinnt das Mistrauen die Oberhand und damit fallen Organisationen recht schnell in alte Verhaltensmuster zurück.

Die erste und wichtigste Aufgabe einer Organisation ist also, das Vertrauen der Akteure in die Transformation zu gewinnen und dies dann mit vielen kleinen positiven Erfahrungen zu einem Urvertrauen zu entwickeln.

Kern des agile Mindset ist auf der Seite der Einstellung „Customer Centricity“ und auf der Seite von Handlungsweisen, das Erlernen und Anwenden agiler best practices. Beide zusammen definieren agile Mindset als eine Kultur in der eine Organisation nachhaltig Flow von Value erzeugen kann.  

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Klaus Riedel

Als agile Coach begleitete Klaus Riedel mit seinem Team die digitale Transformation und die Einführung von Scrum und SAFe in großen Organisationen wie Deutsche Bank, Conrad Electronics, Volkswagen, PWC und anderen.

Alle seine gewonnenen praktischen Erfahrungen in mehr als 15 Jahren agile Transformation sind in die Artikel seines Blogs eingeflossen.

In der Scagile Academy bildet er Nachwuchs Agile Experts aus und seit 2016 unterrichtet er agiles Projektmanagement an der deutschen Fakultät der TU Sofia.

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